
Co-Chef der Organisation Golos Wahlbeobachter in Russland zu Haftstrafe verurteilt
Jahrelang hat die Organisation Golos Verstöße bei Wahlen in Russland dokumentiert. Nun soll der bereits inhaftierte Co-Vorsitzende, Melkonjanz, für zweieinhalb Jahre in ein Straflager - wegen angeblicher Zusammenarbeit mit Agenten.
Nach der Aufdeckung massenhafter Verstöße bei Wahlen in Russland hat ein Gericht den international bekannten Beobachter Grigorij Melkonjanz zu fünf Jahren Haft in einem Straflager verurteilt. Richterin Jewgenija Nikolajewa befand den Bürgerrechtler des Aufbaus einer unerwünschten Organisation für schuldig, wie die russische Nachrichtenagentur Interfax meldete. Der Wahlrechtsexperte Melkonjanz ist Co-Vorsitzender der unabhängigen Wahlbeobachterorganisation Golos, die bei Wahlen in Russland immer wieder Manipulationen öffentlich gemacht hatte.
Melkonjanz sitzt bereits seit Mitte 2023 in Untersuchungshaft. Da die in U-Haft verbrachte Zeit angerechnet wird, muss der Bürgerrechtler noch 2,5 Jahre ins Straflager. Die Staatsanwaltschaft hatte sechs Jahre Haft für den 44-Jährigen gefordert.
"Ich verzage nicht, verzagt ihr auch nicht"
"Ich verzage nicht, verzagt ihr auch nicht", sagte Melkonjanz laut dem unabhängigen Portal Mediazona seinen bei der Urteilsverlesung anwesenden Unterstützern. Menschenrechtler kritisieren das Vorgehen gegen Golos als Akt politisch motivierter Justiz-Willkür. "Konstruiert, und das sehr schlecht", nannte sein Verteidiger in einem Weltspiegel-Bericht die Vorwürfe gegen den Mandanten.
Die im Jahr 2000 gegründete Nichtregierungsorganisation Golos gilt als renommiertes Institut für die Beobachtung von Wahlen in Russland. Weil die Organisation immer wieder Verstöße bei Abstimmungen registriert und dokumentiert hat, machte sie sich schnell im Machtapparat Feinde. Das russische Justizministerium stufte Golos als "ausländischen Agenten" ein, allerdings stand die Organisation bis heute nicht auf der Liste der unerwünschten und damit verbotenen Organisationen in Russland.
Vorgeworfen wird Melkonjanz die Mitarbeit beim europäischen Wahlbeobachter-Netzwerk European Network of Election Monitoring Organizations (ENEMO). ENEMO steht auf der Verbotsliste in Russland.