Polizisten durchsuchen einen Gebäudekomplex.
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"Reichsbürger"-Vereinigung Innenministerium verbietet "Königreich Deutschland"

Stand: 13.05.2025 08:13 Uhr

Das "Königreich Deutschland" ist eine der bundesweit bekanntesten "Reichsbürger"-Vereinigungen. Das Bundesinnenministerium hat es nun verboten. Der Anführer der Gruppe wurde festgenommen.

Von Michael Götschenberg, ARD-Hauptstadtstudio, Holger Schmidt, SWR, ARD-Sicherheitsexperten

Seit den frühen Morgenstunden durchsucht die Polizei in sieben Bundesländern insgesamt 14 Objekte, die mit dem sogenannten "Königreich Deutschland" (KRD) in Verbindung gebracht werden. Durchsucht wird unter anderem in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Niedersachsen, Brandenburg und Baden-Württemberg.

Schwerpunkt der Maßnahmen ist das sächsische Halsbrücke. Dort wurde auch Peter Fitzek, der selbsternannte König, festgenommen. Gegen ihn gibt es seit mehreren Wochen einen Haftbefehl, der vollstreckt wurde. In Sachsen wird darüber hinaus an vier weiteren Orten durchsucht, darunter Objekte in Leipzig und Dresden.

"Kanzleilehngut" als Hauptsitz des selbsternannten Königs

Fitzek ist seit Jahren eine der schillerndsten Gestalten der "Reichsbürger"-Szene, nicht nur wegen seines markanten langen Zopfs. Das Anwesen in Halsbrücke, bekannt unter der Bezeichnung Kanzleilehngut, diente dem 59-Jährigen zuletzt als Hauptsitz, neben einem Wohnhaus gibt es dort Stallungen mit Nutztieren und eine Käserei. Auch eine Handvoll "Untertanen" lebt dort.

Mit dem Verbot zieht das Bundesinnenministerium Fitzek und seinem "Königreich" nun mit den Mitteln des Verwaltungsrechts endgültig den Stecker, nachdem der Staat seit Jahren schon gegen die vielfältigen Aktivitäten von "Peter dem Ersten", wie er sich nennt, vorgegangen ist.

Auch strafrechtlich droht Fitzek nun Ungemach. Der Generalbundesanwalt in Karlsruhe ermittelt seit einiger Zeit wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung im Umfeld von "Peter dem Ersten" und hatte bereits im Vorfeld gegen den "König" und drei weitere Mitglieder der Vereinigung Haftbefehle beantragt.

Die Behörde sieht unter anderem Anhaltspunkte für kriminelle Geld- und Versicherungsgeschäfte und sieht sich wegen der "besonderen Bedeutung" des Falls zuständig.

"Krönungszeremonie" in Lutherstadt-Wittenberg

Im Jahre 2012 nahm alles seinen Anfang: Peter Fitzek, ein ehemaliger Koch und Karatelehrer, krönte sich in Lutherstadt-Wittenberg zum König von Deutschland, sein "Königreich" bestand seinerzeit aus einer Immobilie in der Stadt, einem ehemaligen Krankenhaus. Dort sollten, ganz der Ideologie der "Reichsbürger"-Bewegung folgend, die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland keine Gültigkeit haben.

Seinem Fantasiestaat gab Fitzek eine eigene Verfassung mit ihm als Staatsoberhaupt, und bemühte sich in den darauffolgenden Jahren nach Kräften darum, sein "Staatsgebiet" mit Hilfe weiterer Immobilien auszuweiten und "Untertanen" anzuwerben.

"Untertanen" stellten Geld zur Verfügung

Nach eigener Darstellung erklärten sich mehrere tausend Menschen bereit, "Untertanen" des "Königreichs" zu werden, nach Zählung des Verfassungsschutzes, der Fitzek und sein "Königreich" zum Beobachtungsobjekt erklärte, waren es eher mehrere Hundert. Viele von ihnen waren bereit, ihm finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, mitunter Beträge in Millionenhöhe.

Fitzek fielen immer wieder neue Projekte ein, um seiner Gefolgschaft das Geld aus der Tasche zu ziehen. So rief er eine eigene Renten- und Krankenversicherung für sein "Königreich" ins Leben, sowie eine eigene Währung, die mit Euro gekauft werden konnte. Er wirbt unter anderem damit, dass das "Königreich Deutschland" Menschen einen Systemausstieg aus der Bundesrepublik ermögliche.

Fitzek beschäftigt seit Jahren die Justiz

Seit Jahren schon geht der Staat gegen diese Machenschaften vor. Zuletzt ging es vor dem Oberlandesgericht Naumburg um ein Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau, das Fitzek im September 2024 wegen Körperverletzung zu acht Monaten Haft verurteilt hatte. Fitzek hatte gegen das Urteil Revision eingelegt, jedoch erfolglos. Der offene Haftbefehl wurde nun heute vollstreckt.

Auch andere Verfahren beschäftigten die Justiz über Jahre durch alle Instanzen. Zuvor war Fitzek wegen Untreue und illegaler Bankgeschäfte, sowie wegen Verstoßes gegen das Versicherungsaufsichtsgesetz angeklagt und verurteilt worden. Ein Urteil des Landgerichts Halle aus dem Jahr 2017, das es als erwiesen ansah, dass Fitzek 1,3 Millionen Euro von rund 550 Anlegern veruntreut hatte, wurde allerdings vom Bundesgerichtshof kassiert und ans Landgericht zurück überwiesen.

Auch wegen Fahrens ohne Führerschein musste sich Fitzek vor Gericht verantworten. Ende 2018 saß er in Halle mehrere Monate lang im Gefängnis. Von mehreren Immobilien, die zwischenzeitlich zum "Königreich" gehörten, darunter auch ein Schloss in Bärwalde in der Oberlausitz, wurde zuletzt nur noch das Anwesen in Halsbrücke genutzt.

Verfassungsschutz beobachtet "Reichsbürger"-Szene

Als "Reichsbürger" werden Menschen bezeichnet, die ihr Haus oder Grundstück zu einem eigenen Staat erklären und sich weigern, die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland anzuerkennen. Die "Reichsbürger"-Ideologie ist stark geprägt von Verschwörungserzählungen, wonach die Bundesrepublik kein souveräner Staat sei und ihre Gesetze deswegen keine Gültigkeit hätten. Dementsprechend weigern sich "Reichsbürger", Steuern und Gebühren zu zahlen.

Die Bewegung ist in den vergangenen Jahren stark angewachsen und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. Für das Jahr 2023 bezifferte das Bundesamt für Verfassungsschutz die Zahl der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter mit 25.000, jeder zehnte davon gilt als gewaltorientiert. 1.350 "Reichsbürger" sind nach Einschätzung des Verfassungsschutzes Rechtsextremisten. Bei Polizeieinsätzen, mit dem Ziel "Reichsbürger" zu entwaffnen, kam es mehrfach zu Schusswechseln, bei denen Polizeibeamte getötet oder schwer verletzt wurden.

Mit dem heutigen Tag hat das Bundesinnenministerium die Vereinigung "Königreich Deutschland" verboten. Das heißt, der Name darf nicht mehr verwendet werden, die Vereinsstruktur wird aufgelöst und sämtliches Vermögen eingezogen. Eine Fortführung der Vereinigung ist strafbar. Grundlage ist das Vereinsrecht. Fitzek kann gegen das Verbot klagen.