
Baden-Württemberg Künzelsauer Astronaut Alexander Gerst erhält Ehrentitel vom Land
2014 und 2018 flog Gerst für die Forschung ins Weltall - und half dabei auch, die Raumfahrtbranche in BW sichtbar zu machen. Vom Land erhielt der 49-Jährige nun einen Ehrentitel.
Baden-Württemberg will seine Luft- und Raumfahrtbranche sichtbar machen. Ein gutes Stück dazu beigetragen hat er: Astronaut und Wissenschaftler Alexader Gerst aus Künzelsau (Hohenlohekreis). Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat dem 49-jährigen Astronaut und Wissenschaftler am Dienstagabend den Ehrentitel "Professor" verliehen.
Sie haben mit Ihren Bildern und Videos aus dem All Millionen Menschen erreicht. Und als Sie wieder auf der Erde waren, haben Sie Schülerinnen und Schülern in Klassenzimmern erklärt, warum Wissenschaft spannend ist. Sie haben gezeigt: Naturwissenschaft ist konkret, anschaulich, sie ist lebendig." Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) über Astronaut Alexander Gerst
Dieser kann nach Angaben des Staatsministeriums für herausragende Leistungen im Bereich Wissenschaft, Kunst und Forschung verliehen werden - sowie an Menschen, die einen außergewöhnlichen Beitrag zur Vermittlung von Inhalten im Bereich Wissenschaft, Kunst, Forschung oder Geistesleben leisten. Den Titel darf Gerst den Angaben nach führen, er ist aber ein reiner Ehrentitel und hat nichts mit dem akademischen Professoren-Titel zu tun.
Gerst war 2014 und 2018 auf Weltraum-Missionen
Im September 2014 trat Gerst seine erste Weltraummission "BlueDot" zur Internationalen Raumstation ISS an. Während seines 166-tägigen Aufenthalts im All führte der Wissenschaftler Hunderte Experimente durch und arbeitete eng mit seinen Kollegen aus verschiedenen Ländern zusammen. Im Rahmen seiner zweiten Mission "Horizons" übernahm er im Jahr 2018 als erster Deutscher zusätzlich zur Forschungsarbeit das Kommando über die Internationale Raumstation.
Wissenschaft lebt vom Austausch, von Neugier, von Inspiration und vom Mut, neue Wege zu gehen und Perspektiven zu erweitern - ob im Labor, im Klassenzimmer oder im Weltraum." Astronaut und Wissenschaftler Alexander Gerst
Die vom Land Baden-Württemberg verliehene Auszeichnung wolle Gerst als Antrieb nehmen, die Faszination für die Wissenschaft und den Bildungsaustausch mit jüngeren Generationen weiterzuverfolgen. Eine weitere akademische Karriere könne sich der promovierte Geophysiker auch mal vorstellen: "Ich würde mich total freuen, mein Wissen, meine Erfahrungen, die ich im Weltraum gesammelt habe, auch den jungen Menschen zur Verfügung zu stellen", sagte Gerst. Im Moment bleibe er aber erstmal aktiver Astronaut.
Land will Luft- und Raumfahrtbranche stärken
Die baden-württembergische Landesregierung sieht die Luft- und Raumfahrt als Schlüsselbranche für ein sicheres und souveränes Europa. Das teilte Grün-Schwarz am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Stuttgart mit. "Wachsende geopolitische Spannungen und die Neuorientierung von langjährigen Verbündeten zwingen uns, hier noch kraftvoller voranzugehen", sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne).
Entscheidend sei dabei der Ausbau der Satellitenstrategie, insbesondere für die Sicherheit und die Verteidigungsfähigkeit. Aber auch bei der Bewältigung des Klimawandels, bei der Navigation, Kommunikation und Erdbeobachtung sei die Branche seit Jahren "Technologieschrittmacher".
Baden-Württemberg mit Bayern wichtigster Raumfahrtstandort
Seit 2023 bündelt die Landesregierung mit ihrer Luft- und Raumfahrtstrategie "THE aerospace LÄND" Maßnahmen im Umfang von 42 Millionen Euro zur besseren Vernetzung und Sichtbarkeit innerhalb der Luft- und Raumfahrt. Baden-Württemberg ist neben Bayern der wichtigste Luft- und Raumfahrtstandort. Laut der Industrie- und Handelsammer (IHK) Stuttgart arbeiten fast 40 Prozent der Beschäftigten in der Luft- und Raumfahrt in Baden-Württemberg. Zudem mache die Branche mehr als fünf Milliarden Euro Umsatz pro Jahr.
Auch Ministerpräsident Kretschmann sehe das wichtschaftliche Potenzial der Branche. "Es ergeben sich Beschäftigungs- und Wachstumschancen, die es vor dem Hintergrund der strukturellen Veränderungen der Industrie im Land zu nutzen gilt", so der Minister. Deshalb biete die Landesregierung in ihrer Luft- und Raumfahrtstrategie auch ein Weiterbildungsangebot für branchenfremde Fachkräfte an Hochschulen im Land an.
Forschung und Entwicklung künftig besser vernetzen
Um Fachkräfte in der Branche zu gewinnen, will das Land die baden-württembergischen Hochschulen mit praxisnahen Projekten unterstützen. Damit wolle man noch mehr Studienanfänger und Studienanfängerinnen für Studiengänge in der Luft- und Raumfahrttechnik begeistert werden. Laut BW-Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) habe Baden-Württemberg die meisten Studierenden in dem Bereich und die größte Universitätsfakultät.
Auch Forschung und Entwicklung sollen künftig besser vernetzt werden. In Baden-Württemberg werden laut IHK rund 17,5 Prozent des Umsatzes aus Luft- und Raumfahrt in die Forschung reinvestiert. Wissenschaftsministerin Olschowski sieht die Expertise des Landes bei zentralen Zukunfsthemen der Luft- und Raumfahrt auch auf Bundesebene. "Baden-Württemberg ist mit seiner exzellenten Luft- und Raumfahrtforschung sowie der Landesstrategie bereits bestens aufgestellt. 'THE aerospace LÄND' wird in den weiteren Überlegungen des Bundes eine wichtige Rolle spielen müssen." Schließlich gibt es in Berlin nun ein CSU-geführtes Ministerium, das den Begriff Raumfahrt im Namen trägt.
Kretschmann: "Man muss europäisch denken"
Laut Ministerpräsident Kretschmann muss Baden-Württemberg mit seinen Kompetenzen in der Luft- und Raumfahrt europäisch denken. Es gehe nicht darum in Konkurenz zu anderen Bundesländern zu gehen, so der Ministerpräsident. Über die Zukunft des Themas werde am Ende nicht in Deutschland, sondern in Europa entschieden. "Europa muss den anderen die Stirn bieten, das ist das Entscheidende. Da kommt es auf Kooperation an", sagte der Ministerpräsident.
Sendung am Di., 13.5.2025 14:30 Uhr, SWR1 BW Nachrichten