Alexander Dobrindt spricht im Bundestag.

Migrationspolitik Dobrindt will hart an der Grenze bleiben

Stand: 16.05.2025 11:37 Uhr

Der verschärfte Kurs in der Migrationspolitik ist aus Sicht von Innenminister Dobrindt richtig und nötig, wobei die Grenzkontrollen und Zurückweisungen nur ein erster Schritt sein sollen. Sicherheitsbehörden sollen mehr Befugnisse erhalten.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hat im Bundestag seinen schärferen Kurs in der Migrationspolitik verteidigt. Die von ihm angeordneten verschärften Grenzkontrollen und die Zurückweisung von Asylsuchenden seien ein erster Schritt hin zu mehr Ordnung in der Migrationspolitik.

"Politikwechsel" an den deutschen Grenzen

"Die Bürger, sie erwarten von uns einen Politikwechsel", betonte der CSU-Politiker vor den Abgeordneten des Bundestags. Dieser habe nun begonnen - an den deutschen Grenzen. Illegale Migration gefährde die Stabilität Deutschlands und Europas. "Die Integrationsfähigkeit eines Landes" hat aus Sicht des neuen Ministers "schlichtweg eine Belastungsgrenze, und deswegen müssen wir handeln". Städte, Gemeinden und Landkreise in Deutschland seien am Limit.

Kurz nach Amtsantritt hatte Dobrindt die verschärften Grenzkontrollen angeordnet und verfügt, dass auch Asylsuchende an den Grenzen zurückgewiesen werden sollen. Ausnahmen gelten für sogenannte vulnerable Gruppen, also etwa Kinder, Schwangere oder kranke Personen. Allein in der vergangenen Woche ist die Zahl der Zurückweisungen laut Dobrindt um 45 Prozent gestiegen.

Lange Liste an Zielen bei Migrationspolitik

Und für den Innenminister ist das nur ein erster Schritt beim Kurswechsel der neuen schwarz-roten Regierung in Sachen Migrationspolitik. Er kündigte an, dass die Begrenzung der Migration wieder als Ziel im Aufenthaltsgesetz festgeschrieben werden solle. Die von der Ampelkoalition auf den Weg gebrachte Reform des Staatsbürgerschaftsrechts, die beschleunigte Einbürgerungen ermöglicht hat, soll wieder einkassiert werden. Der Familiennachzug solle in bestimmten Fällen ausgesetzt und freiwillige Aufnahmeprogramme möglicherweise gestoppt werden, sagte Dobrindt weiter.

Auch wolle man das neue Gemeinsame Europäische Asylsystem umsetzen und nachschärfen und sich für Asylverfahren in Drittstaaten einsetzen. Die Zahl der als sicherer Herkunftsstaat geltenden Länder will die neue Bundesregierung laut Dobrindt ausweiten. Des Weiteren solle wieder mehr nach Afghanistan und Syrien abgeschoben werden. Für Gefährder und Straftäter sei ein dauerhafter Ausreisearrest geplant. "Das ist unsere Agenda für Humanität und Ordnung, für Steuerung und Begrenzung und für weniger Spaltung und mehr gesellschaftlichen Frieden in unserem Land", so der Innenminister.

Dobrindt setzt auf Zusammenarbeit mit SPD

Um all diese Ziele umsetzen zu können, richtete sich Dobrindt auch direkt an den Regierungspartner SPD. Die Unionsparteien CDU und CSU befürworten eine deutlich schärfere Migrationspolitik als die Sozialdemokraten. So räumte Dobrindt an die Reihen der SPD-Abgeordneten gerichtet auch ein: "Ich weiß, dass dies für Sie ein weiterer Weg ist als für uns." Er warb dafür, die im Koalitionsvertrag vereinbarten Schritte umzusetzen. "Lasst uns gemeinsam diese Aufgabe erledigen", so der Appell des CSU-Politikers.

Die verschärften Grenzkontrollen und verstärkten Zurückweisungen hatten nicht nur bei den Grünen und der Linkspartei scharfe Kritik hervorgerufen. Auch aus den Reihen der SPD kamen Zweifel, ob die Maßnahmen mit dem EU-Recht vereinbar sind und ohne Absprache mit Deutschlands Nachbarländern umgesetzt werden sollten.

Was sind irreguläre Einreisen?
Der Begriff des irregulären beziehungsweise unrechtmäßigen Aufenthalts wird laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Hinblick auf Personen verwendet, die sich ohne Aufenthaltsrecht oder Duldung und ohne Kenntnis der Ausländerbehörden in Deutschland aufhalten. 

Die Bundespolizei bezeichnet die irregulären Einreisen als "unerlaubte Einreisen". Manchmal werden irreguläre Einreisen auch als "illegale Einreisen" bezeichnet. Auch von "irregulärer Migration" ist in der politischen Debatte oft die Rede. Gemeint sind damit immer undokumentierte Grenzübertritte und der unrechtmäßige Aufenthalt in Deutschland. Bei Personen, die unmittelbar nach der unerlaubten Einreise um Asyl ersuchen, wird das Verfahren jedoch so lange ausgesetzt, bis das Asylverfahren abgeschlossen ist. 

Flüchtlingsorganisationen und Migrationsforscher weisen daraufhin, dass Migration an sich gegen kein Gesetz verstößt, also nicht "illegal" ist.

Mehr Befugnisse für Sicherheitsbehörden

Neben seinen Vorhaben beim Thema Migration kündigte Dobrindt auch eine deutliche Ausweitung der Ermittlungsbefugnisse von Polizei und Sicherheitsbehörden an. So soll künftig die Speicherung von IP-Adressen wieder erlaubt sein. Das sei "oft der einzige Ermittlungsansatz", um Straftaten aufzudecken, betonte Dobrindt.

CDU, CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag eine "dreimonatige Speicherpflicht für IP-Adressen und Portnummern" vereinbart. Voraussetzung: Die Speicherung ist verhältnismäßig und konform mit EU- und Verfassungsrecht. Eine solche Vorratsdatenspeicherung gab es in Deutschland bereits. Sie wurde 2017 jedoch ausgesetzt, nachdem der Europäische Gerichtshof die damalige Regelung für europarechtswidrig erklärte.

Nach den Plänen Dobrindts soll die Bundespolizei in Zukunft auch die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) nutzen dürfen. Bislang durften das nur das Bundeskriminalamt oder auch der Bundesnachrichtendienst. Hintergrund ist, dass viele Nachrichtendienste wie etwa WhatsApp oder Telegram Nachrichten automatisch verschlüsseln. Um diese Nachrichten lesen zu können, bevor sie verschlüsselt werden oder die Verschlüsselung aufzuheben, dient die Quellen-TKÜ. Dafür wird eine Spähsoftware - ein sogenannter Trojaner - auf dem Mobiltelefon oder Endgerät eines Verdächtigen installiert, die es ermöglicht, Daten entsprechend auszuwerten.

"IP-Adressen sollen wieder für drei Monate gespeichert werden ", Christoph Mestmacher, ARD Berlin, über Innenminister Dobrindts Regierungsprogramm

tagesschau24, 16.05.2025 11:00 Uhr

Neue Regierung will Reformen der Ampel wieder kippen

Die Ampelkoalition hatte sich in ihrer Reform des Polizeigesetzes noch gegen die Ausweitung der Quellen-TKÜ auf weitere Behörden entschieden. Doch das ist nicht der einzige Punkt des Gesetzes, den Dobrindt kippen will. Polizei und Sicherheitsbehörden seien bisher "zu oft unter Generalverdacht gestellt" worden, kritisierte er. Die neue Bundesregierung werde "Schluss machen damit, dass wir Kennzeichnungspflichten einführen, Kontrollquittungen und Beschwerdestellen".

Eine Kontrollquittung können sich Personen auf eigenes Verlangen ausstellen lassen, wenn sie von Einsatzkräften der Bundespolizei überprüft werden. Die Quittung soll den Verlauf der Kontrolle abbilden und so dem "racial profiling" vorbeugen, also Kontrollen aufgrund sogenannter gruppenbezogener Merkmale wie Hautfarbe, Sprache oder Geschlecht.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 16. Mai 2025 um 11:00 Uhr.