Symbolbild: Eine Pflegekraft dokumentiert ihre Arbeit auf einem Tablet-Computer im DRK-Pflegezentrum. (Quelle: dpa/Thissen)

Berlin Antragsteller müssen in Berlin-Pankow teils jahrelang auf "Hilfe zur Pflege" warten

Stand: 13.05.2025 14:52 Uhr

Wenn sich Pflegebedürftige oder ihre Angehörigen die Pflege nicht leisten können, können sie beim Sozialamt finanzielle Hilfe beantragen. Problem: Viele Ämter brauchen lange, um die Anträge zu bearbeiten. In Berlin können das sogar Jahre sein.

Sozialämter in Deutschland brauchen Monate, in Extremfällen sogar Jahre, bis über Anträge auf "Hilfe zur Pflege" entschieden wird. Das geht aus einer bundesweiten Umfrage des ARD-Magazins "Report Mainz" hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde.
 
Die "Hilfe zur Pflege" greift dann, wenn eine pflegebedürftige Person oder ihre Angehörigen nicht in der Lage sind, die Kosten für die notwendige Pflege selbst zu tragen.
 
Besonders lang sind die Wartezeiten laut der Umfrage in Berlin-Pankow. Dort müssen Antragsteller demnach "manchmal zwei oder drei Jahre" warten.

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Ein Jahr Wartezeit in Steglitz-Zehlendorf

Im Sozialamt des Berliner Bezirks Steglitz-Zehlendorf beträgt die mittlere Bearbeitungszeit laut Umfrage fast ein Jahr. Im Interview mit "Report Mainz" erläuterte Gruppenleiter Heinz Sonnenschein die Gründe: "Wir arbeiten aktuell immer noch mit Papierakten. Alle Post wird in Papier zu uns geschickt. Wir drucken das aus und arbeiten alles in Papierform ab".
 
Der zuständige Bezirksstadtrat Tim Richter (CDU) beklagte außerdem eine "hohe Mitarbeiterfluktuation" im Sozialamt, "fehlende Unterlagen", "zeitintensive Vermögensprüfungen" und ein "anhaltend steigendes Antragsvolumen". Aktuell gibt es den Angaben zufolge in Steglitz-Zehlendorf 360 unbearbeitete Anträge.
 
Mit den Bearbeitungszeiten bei "Hilfe zur Pflege" ist der Bezirksstadtrat nicht zufrieden. "Ich arbeite mit viel Kraft daran, dass wir schneller werden, dass wir digitaler werden. Ich möchte mich aber nicht aus dem Fenster lehnen, dass das morgen der Fall ist", so Richter gegenüber "Report Mainz".

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"Die Menschen brauchen kurzfristig eine Versorung"

Die Alterswissenschaftlerin Tanja Segmüller von der Hochschule Bochum sieht die langen Wartezeiten kritisch. "Die Menschen brauchen kurzfristig eine Versorgung. Es wäre in Ordnung, wenn es wenige Wochen dauert. Aber Bearbeitungszeiten von einem halben Jahr oder bis zu einem Jahr sind unmöglich", sagte Segmüller im "Report Mainz"-Interview.
 
Der Präsident des größten privaten Pflegeverbandes in Deutschland (BPA), Bernd Meurer, forderte schnelle Lösungen. Er beklagte, dass viele Heime durch ausbleibende Zahlungen der Sozialämter unter Druck kämen: "Eine Bearbeitungszeit von neun Monaten bedeutet im konkreten Fall, dass neun Monate die Gelder fehlen, um das Personal zu bezahlen und dass ich das als Einrichtungsträger vorfinanzieren muss", so Meurer. Deshalb müssten Heime Konsequenzen ziehen. "Das Heim muss unter Umständen damit drohen oder auch eine Kündigung aussprechen, um gegenüber den Sozialämtern und auch den Angehörigen mal deutlich zu machen, es ist uns bitterernst, der Antrag muss bearbeitet werden", sagte der BPA-Präsident im Interview mit "Report Mainz".
 
Das ARD-Politikmagazin hatte bundesweit 478 Sozialämter angeschrieben. 113 von ihnen haben sich konkret zu den Bearbeitungszeiten geäußert. Rund 27 Prozent von ihnen gaben an, dass diese von mehr als sechs Monaten bis hin zu einem Jahr dauern können. In fast fünf Prozent der antwortenden Sozialämter dauern die Bearbeitungszeiten teilweise weit mehr als zwölf Monate.

Sendung: rbb24, 13.05.2025, 10:40 Uhr